BURSCHENSCHAFTLICHE BLÄTTER | 130 S E G I T S N O S Also nicht Beute machen um jeden Preis, sondern jagen mit einem An- spruch, der ein Ethos birgt. Nicht das absolut machbare, sondern das vertretbare wird angestrebt. Ein Jagderfolg, der Mühe macht, wird höher bewertet als die Beute, die einem quasi zufällt. Dazu kommt die Verpfl ichtung, das Wild auch zu hegen, es in Notzeiten mit Futter zu unterstützen sowie sein Habi- tat zu erhalten und zu verbessern. Jagd ist Menschheitsbegleiter seit der Urzeit, Jagd war der Beginn der Vergesellschaftung, erst Not- wendigkeit zum Überleben, später Privileg der jeweils Herrschenden. Durch die fl eischliche Nahrung kam es zur dynamischen Gehirnent- wicklung. Im deutschen Waidwerk war die große Zäsur die Nationalversamm- lung 1848 in Frankfurt. Unter der Präsidentschaft des Urburschen- schafters Heinrich von Gagern wurde im §37 der „Grundrechte des deutschen Volkes“ die Jagd an den einfachen Grundbesitz gebun- den. Das ist bis heute so. Die neu gewonnene Freiheit führte aber zunächst zur totalen Überjagung, zum Sonntagsjägertum, weil sich uneingehegt die menschliche Gier nach Beute Bahn brach. Ausnah- men waren schwer zugängliche Ge- biete und der immer noch vorhan- dene Großgrundbesitz mit seinen hauptamtlichen Forst- und Jäger- meistern. Mit der Reichseinigung 1871 gab es erste Regelung, diesem Umstand Einhalt zu gebieten aber erst mit dem Reichsjagdgesetz von 1934, durchgesetzt durch den Reichsjägermeister Hermann Gö- ring, wurde das ideelle Wesen der Jagd herausgestellt und auf die Pfeiler Hege und Waidgerechtigkeit gesetzt. Jagd wurde angewandter Naturschutz mit der Einführung von Jagd- und Schonzeiten, Füt- terungsgebot und ausgewiesenen Naturschutzgebieten sowie Wie- deransiedlungsversuchen ausge- storbener, einst heimischer Wild- arten wie dem Wisent oder dem Auerochsen. Viele dieser Regelun- gen gelten bis heute fort. Die gesetzlichen Grundlagen der Jagd werden heute im Bundes- jagdgesetz und den daraus abge- leiteten Landesjagdgesetzen de- fi niert. Darüber hinaus bestimmen das Wa(cid:30) enrecht, Naturschutz- gesetz und Tierschutzgesetz den rechtlichen Rahmen. Das Revier- system besagt, daß jeder Grund- besitzer, der mindestens 100 Hek- tar besitzt, einen Eigenjagdbezirk hat. Grundbesitzer mit kleineren Flächen bilden sogenannte Jagd- genossenschaften, in denen vom Gesetzgeber Jagdbezirke gebildet werden, die entweder selbst bejagt oder an andere Jäger verpachtet werden. Grundfl ächen, in denen gewohnt oder gewirtschaftet wird, gelten als befriedete Bezirke, in denen die Jagd ruht. Voraussetzung zur Jagdausübung ist der Sachkundenachweis, hier die Jägerprüfung, welche durch die Unteren Jagdbehörden der Gemeinden abgenommen wird. Mit bestandener Prüfung hat man das sogenannte „grüne Abitur“, ist also „staatlich geprüfter Umwelt- schützer im Ehrenamt“. Weiterhin ist ein Jagdschein zu lösen, eine Wa(cid:30) enbesitzkarte zu beantragen und Jagdwa(cid:30) en zu erwerben be- ziehungsweise von anderen Le- galwa(cid:30) enbesitzern überlassen zu bekommen. Die Anzahl der Lang- wa(cid:30) en ist für Jäger nicht begrenzt, bei Kurzwa(cid:30) en gilt eine Limitierung auf zwei Wa(cid:30) en. Die Langwa(cid:30) en unterteilen sich grob in drei Ty- pen: Büchse (verschießt Projektile aus Patronen), Flinte (verschießt Schrotkugel aus Patronen) und kombinierte Wa(cid:30) en wie die Bock- büchsfl inte (zwei unterschiedliche Läufe für Kugel und Schrot) oder den Drilling (drei unterschiedliche Läufe für Kugel und Schrot in meh- reren Kalibern). Bei den Kurzwa(cid:30) en gibt es Pistolen (Munition in sepa- rat einführbaren Magazinen) und Revolver (Munition in der drehbar gelagerten Trommel). Kaltwa(cid:30) en sind Stichwa(cid:30) en mit starrer oder beweglicher Klinge, die zum Abfan- gen (Stich ins Herz durch Saufeder, Hirschfänger, Falknerstilett) oder zum Au(cid:28) rechen und Versorgen (aufschneiden der Bauchdecke des erlegten Stückes, entfernen von Schlund und Gedärm sowie sichern von Innereien durch Jagdnicker, Jagdklappmesser) verwendet wer- den. in Deutschland Jagdbare Tiere werden in drei Kategorien unter- teilt. Hochwild: alles Schalenwild, also Rot- und Damhirsch, Schwarz- wild, Steinwild, Gams, außer Reh, Auerhuhn, Adler, Bär); Nieder- wild: Reh, Hase, Kanin, Flugwild außer Auerhuhn und Adler, Murmel; Raubwild: Fuchs, Dachs, Marder- hund, Waschbär). In der klassischen Jungjägerausbildung beginnt man mit der Jagd auf Raubwild, weil es der größte Freßfeind des Nieder- wildes ist. Diese ist noch wichtiger als die Habitatsverbesserung, also die Gestaltung des Lebensraumes für das Niederwild mit Hecken, Remisen und Blühstreifen. Es gilt das Motto: „Vor Schöner Wohnen kommt nicht gefressen werden!“ Die gebräuchlichsten Jagdarten sind die Einzeljagd (Ansitz, Pirsch, Lockjagd) und die Gesellschafts- jagd (Drückjagd, Treibjagd, Streife). Weiterhin gibt es die Baujagd auf Fuchs und Dachs mit Bauhunden, die die Wildtiere aus dem Bau vor den Lauf des Jägers sprengen, die Fallenjagd auf Raubwild und die Beizjagd, also die Jagd mit einem abgerichteten Greifvogel wie Falke, Habicht oder Adler auf Niederwild. Ein wichtiger Grundpfeiler der deutschen waidgerechten Jagd ist die Pfl ege und der Erhalt des jagd- lichen Brauchtums, die eine ähnlich lange Tradition hat wie der studen- tische Comment. Das Brauchtum drückt sich aus in der Verwendung einer waidgerechten Sprache für die Körperteile des Wildes (Äser, Lichter, Lauscher, Brunftkugel), seiner Bewegung (schnüren, ver- ho(cid:30) en, nässen), die Qualität der Trophäen (braver Bock, reifer Bas- se, Kandelaber), die jagdlichen Tä- tigkeiten (anpirschen ansprechen, Schuß antragen, genossen ma- chen) und die Geselligkeiten nach Die Jagd geht einher mit der Pfl ege und Gesunderhaltung des heimischen Wilds. Foto: Pixabay/Herbert Aust