BURSCHENSCHAFTLICHE BLÄTTER | 86 GERÜSTET FÜR DIE ZUKUNFT VON GERNOT SCHMIDT (WIENER AKADEMISCHE BURSCHENSCHAFT OLYMPIA) Benedikt Kaiser Die Konvergenz der Krisen, Dresden: Jungeuropa Verlag 2023 272 Seiten 20,00 Euro verbundener Kräfte. Er kritisiert am heutigen „patriotischen Lager“, daß viel zu oft ein „Dagegen“ herrscht. Während unklar bleibt, worin das „Wofür“ besteht. Ganz konkret sind auch deshalb einige Texte der Alternative für Deutschland gewid- met. Die Brechstange des Populismus begrüßt Kaiser. Aber er legt dar, daß sie nach zehn Jahren Parteigeschichte allmählich an ihr Ende kommt. Eine Partei lebe in Phasen. Nun sei es an der Zeit, eine inhaltlich-programmati- sche Phase einzuleiten, die über das Protestgeschehen hinaus Leitplanken für das alternative Morgen einzuziehen hat. Wie schaut diese inhaltlich-program- matische Ausrichtung, die die AfD einzunehmen hat, aus? Deutlich wird: Kaiser ist, wie schon in seinem bis- herigen Hauptwerk „Solidarischer Patriotismus. Die soziale Frage von rechts“ (Schnellroda 2020), ein Befürworter einer sozialen Ausrichtung des freiheitlichen und patriotischen Lagers. Für ihn ist die „landsmänni- sche Parteilichkeit“ keine aufgesetzte Formel, sondern Grundbedingung jeder Rückbesinnung auf Gemeinschaft und Solidarität. Letztere sei „rechts“, wenn sie konkret ist. Sie ist „links“, wenn sie abstrakt geäußert wird. Beispiel: Solidarität mit seinen Nachbarn, die von Schicksalsschlägen getroffen wurden, ist „organisch“, naheliegend, also: konkret. Solidarität mit einer abstrakten Menschheit, formuliert als ideologische Maxime ohne subs- tantielle Rückbindung an das eigene praktische Alltagsleben, sei hingegen eine moralistische Absichtserklärung, also: abstrakt. Kaiser liebt es, derlei Gegenüberstellungen vorzuneh- men. Er beschäftigt sich in mehre- ren Beiträgen mit Widerspruchs- Paaren, die er zusammendenkt oder zusammenbringt. Demos & Ethnos, Nation & Europa, Partei & Vorfeld, Positionen & Definitionen, Taktik & Strategie, Ost- & Westdeutschland, Krisen & Katastrophen sind einige Beispiele hierfür. Er selbst ist aber auch in einem Widerspruch gefan- gen: Zwischen Wissenschaft und Polemik. Mal könnte ein Text in einem Fachmedium für Philosophie oder Politikwissenschaft stehen (nur mit weniger Schachtelsätzen). Dann wieder prasseln Kaisers Hiebe auf Ikonen des Liberalkonservatismus wie Hans-Georg Maaßen oder Linksliberale aller Art, daß es nur so kracht. Paßt das zusammen? Kaiser meint: Ja. Und als Rezensent tendiere ich dazu, dem zuzustimmen. Denn dadurch werden die 272 Seiten nie langweilig. Auch wenn es so ist, daß die ein oder andere Thematik mehr interes- siert und die ein oder andere Thematik weniger, so ist es Benedikt Kaiser mit „Die Konvergenz der Krisen“ gelungen, seinem Leser Wissen, Standpunkte und Halteseile an die Hand zu geben. Man ist gerüstet für die Zukunft. Kaiser, der bedauerlicherweise im ver- bindungsfreien Chemnitz seinen euro- päischen Politik-Master absolvierte, meint mit der „Konvergenz“ von Krisen übrigens das Zusammenlaufen, also Überlappen. Der titelgebende Aufsatz, im Buch erstmals überhaupt ungekürzt auf gedrucktem Papier erschienen, ist sicherlich der wichtigste im ganzen Band. Allein er lohnt den Kauf. ■ N O I S N E Z E R Vor uns liegt ein Sammelband mit dem Titel „Die Konvergenz der Krisen“. Den Autor, Benedikt Kaiser (geboren 1987), dürften die meisten Leser der Burschenschaftlichen Blätter kennen. Als leidenschaftlicher Referent hat er schon so manches Verbindungshaus zwischen Kiel und München, Marburg und Dresden besucht. Mit seinem neuen Buch – verlegt bei Jungeuropa, geführt von Verbandsbruder Philip Stein – legt Kaiser eine Zusammenstellung neuer und alter Texte aus den letzten Jahren seiner Tätigkeit vor. Er gruppiert die 20 Beiträge um die beiden Pole „Theorie“ und „Praxis“. Er gibt einlei- tend dem geneigten Leser mit auf den Weg: „Theorie und Praxis beeinflussen sich, korrigieren sich, inspirieren sich, sind dabei gleichermaßen unersetz- lich. Eine tragfähige politische Praxis braucht eine kohärente Theorie als Fundament; von dem theoretischen Fundament aus können dann konkre- te praktische Ableitungen vorgenom- men werden.“ Und er begründet seine These anhand von verschiedenen Beispielen. Kaiser geht es, so schreibt er es selbst, um Wissensvermittlung, um Begriffsklärungen, um die Bildung und Ausbildung nachrückender volks-